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Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri

3. März 2025

Interpellation Franziska Stenico-Goldschmid, Die Mitte, Beinwil (Freiamt) (Sprecherin), Ralf Bucher, Die Mitte, Mühlau, Harry Lütolf, Die Mitte, Wohlen, Karin Koch Wick, Die Mitte, Bremgarten und Rita Brem-Ingold, Die Mitte, Oberwil-Lieli, vom 4. März 2025 betreffend die Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri

Text und Begründung:
Mit grosser Besorgnis und Betroffenheit haben die Interpellanten die Nachricht von der geplanten Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri zur Kenntnis genommen. Diese Entscheidung wirft zahlreiche Fragen auf, die wir im Interesse der betroffenen Bevölkerung im Freiamt und des medizinischen und pflegerischen Personals geklärt haben möchten. Laut den veröffentlichten Informationen wird die Schliessung der Geburtenabteilung mit finanziellen Schwierigkeiten und einer sinkenden Geburtenanzahl begründet. Ohne die Geburtenabteilung im Spital Muri sind werdende Mütter (und deren Angehörige) jedoch gezwungen, längere Wege in Kauf zu nehmen, um eine adäquate Geburtshilfe zu erhalten. Längere Anfahrtswege zu anderen Spitälern oder Geburtshäusern bedeuten ein erhöhtes Risiko für Mutter und Kind, insbesondere in Notfällen. Die Schliessung der Geburtenabteilung könnte somit die Versorgungssicherheit in der Region Freiamt beeinträchtigen. Diese Abteilung war schon immer Bestandteil unserer regionalen Gesundheitsversorgung. Die hohe Patientenzufriedenheit und die enge positive Bindung zur Bevölkerung machen die Geburtenabteilung zu einem unverzichtbaren Teil, ja sogar zu einem Leuchtturm unserer regionalen Gesundheitsversorgung. Eine Schliessung erschüttert das Vertrauen der Bevölkerung in das Spital und das regionale Gesundheitssystem. Die Verfügbarkeit einer Geburtenabteilung mit Familienzimmern kann ein entscheidender Faktor für junge Familien bei der Wahl ihres Wohnortes sein. Daher kann die Schliessung die Attraktivität der Region für Familien verringern und langfristig negative wirtschaftliche Auswirkungen haben. Zudem wurde öffentlich berichtet, dass insbesondere die Hebammen ihre Stellen verlieren werden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass weiteres medizinisches und pflegerisches Personal von einem Stellenverlust betroffen ist oder aufgrund der Schliessung der Geburtenabteilung von sich aus zu einem anderen Arbeitgeber wechselt. Beides wäre in Anbetracht der aktuellen und allgemeinen Personalknappheit im Gesundheitswesen ein grosser Verlust für das Spital.
In diesem Zusammenhang wird der Regierungsrat gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

  1. War der Regierungsrat oder einzelne seiner Mitglieder über den Strategiewechsel im Spital Muri informiert und welche Meinung hat der Regierungsrat dazu? Falls der Regierungsrat oder einzelne seiner Mitglieder informiert wurden: Was beinhalt der Strategiewechsel alles, so wie dieser vom Spital Muri kommuniziert wurde?
  2. Falls der Regierungsrat gegen diesen Strategiewechsel mit der Schliessung der Geburtenabteilung nichts einzuwenden hätte: Kann der Regierungsrat versichern, dass eine solche Haltung nichts mit einem Interessenkonflikt zu tun hätte? Immerhin ist der Kanton ja der Eigner des KSA und KSB und beide Spitäler könnten von der Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri profitieren.
  3. Erachtet es der Regierungsrat nicht als problematisch, dass der Kanton einem Akutspital, konkret dem Spital Muri, vor relativ kurzer Zeit den Leistungsauftrag für die Geburtshilfe (GEB1) erteilte und dieser Leistungsauftrag vom Spital lange vor dem Ende der Laufzeit des Leistungsauftrags nun wieder freiwillig zurückgegeben wird?
  4. Wie viele Kinder erblickten in den letzten 5 Jahren im Spital Muri das Licht der Welt und wie viele Geburten wurden insgesamt im Kanton und im Freiamt (Bezirke Muri und Bremgarten) während der gleichen Zeitdauer erfasst?
  5. Wurden das KSA und das KSB vorgängig über die geplante Schliessung der Gebär-/Wochenbettabteilung in Kenntnis gesetzt und wie haben diese Spitäler darauf reagiert?
  6. Kann das nun fehlende Angebot im Spital Muri für den Leistungsauftrag Geburtshilfe (GEB1) im KSA und KSB, ohne Erweiterung deren aktuellen Ressourcen und Kapazitäten, aufgefangen werden (Hinweis: im Jahr 2024 fanden im Spital Muri über 500 Geburten statt)? Wenn Nein: Was sind die Folgen?
  7. Wie steht es mit der Rentabilität der Geburtenabteilungen im KSA und KSB (in einer Vollkostenrechnung und auf den Leistungsauftrag Geburtshilfe [GEB1] bezogen)?
  8. Teilt der Regierungsrat die Befürchtungen der Interpellantinnen und Interpellanten, dass in naher Zukunft weitere Spitäler im Kanton Aargau oder in unseren Nachbarkantonen Geburtsabteilungen und/oder andere, nicht kostendeckende Gesundheitsangebote schliessen werden bzw. müssen, um eine genügende Selbstfinanzierung sicherzustellen? Wenn Nein: Warum nicht?
  9. Vor Jahren hat (unter anderen) das Prüfungs- und Beratungsunternehmen PcW verlauten lassen, dass für öffentliche Spitäler eine EBITDA-Marge von 10 % notwendig sei, um das langfristige Bestehen der Spitäler sicherzustellen. Der Durchschnitt der EBITDA-Marge für Schweizer Spitäler liegt jedoch bei 2.3 % (die jüngsten verfügbaren Zahlen stammen aus dem Jahr 2023), beim KSA um die 4.6 % (im Jahr 2023), beim KSB um die 5.1 % (im Jahr 2023) und beim Spital Muri um die 5.0% (im Jahr 2023). Ist der Regierungsrat demnach der Meinung, dass die langfristige Existenz fast aller Spitäler in der Schweiz und insbesondere im Aargau akut gefährdet ist?
  10. Erachtet es der Regierungsrat als richtig, wenn die Spitäler im Aargau ihre Strategien und Geschäftstätigkeit an einer EBITDA-Marge von 10 % ausrichten und unter anderem eine Schliessung der Geburtenabteilung mit der Einhaltung dieses Zielwertes begründen, wie es das Spital Muri getan hat?
  11. Vor ein paar Jahren wurde die Geburtenabteilung im Spital Menziken geschlossen. Ebenfalls wurde vor ein paar Jahren im Spital Affoltern die Geburtenabteilung geschlossen. Zudem hat die die Andreasklinik in Cham die Schliessung ihrer Geburtenabteilung auf Mitte des laufenden Jahres angekündigt. Welches Einzugsgebiet deckt das Spital Muri zurzeit mit diesem Leistungsangebot Geburtshilfe (GEB1) ab?
  12. Wie stellt sich der Regierungsrat zur Tatsache, dass sich ein grosser Teil der werdenden Mütter aus dem Freiamt aufgrund der Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri künftig ausserkantonal medizinisch betreuen lassen muss, wenn die Sicherheit eines Spitals für eine Geburt im Vordergrund steht?
  13. Wie stellt der Regierungsrat sicher, dass die Rechte und Bedürfnisse der Patientinnen im Freiamt weiterhin gewahrt bleiben, insbesondere in Bezug auf die Geburtshilfe? Und teilt der Regierungsrat die Meinung der Interpellantinnen und Interpellanten, dass längere Anfahrtswege zu anderen Spitälern (aufgrund der Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri) ein erhöhtes Risiko für Mutter und Kind bedeutet, insbesondere in Notfällen?
  14. Nachdem das Spital Muri die Schliessung seiner Geburtenabteilung bekannt gemacht hat, war von einer Sprecherin des Departements Gesundheit und Soziales des Kantons Aargau unter anderem zu hören, die Grundversorgung und Sicherheit der werdenden Mütter (und ihrer noch ungeborenen Kinder) im Freiamt bleibe gewährleistet, zumal Geburtenabteilungen anderer Spitäler im weiteren Umfeld in 30 Minuten erreichbar seien. Ist dies auch die Meinung des Regierungsrates, wenn man bedenkt, dass zu Stosszeiten eine Fahrt aus dem Freiamt nach Aarau, Baden oder Luzern bis zu einer Stunde dauern kann?
  15. Prüft der Regierungsrat wie sich die Schliessung der Geburtenabteilung im Spital Muri in die langfristige Gesundheitsstrategie der Region einfügt?
  16. Wie und auf welchen Grundlagen beurteilt der Regierungsrat die kurz- und mittelfristige Rentabilität einer Erweiterung des Leistungskataloges im Bereich Altersmedizin, insbesondere im Falle des Spitals Muri?
  17. Teilt der Regierungsrat die Meinung der Interpellantinnen und Interpellanten, dass die Geburtshilfe und medizinische Betreuung werdender Eltern in sozialpolitischer Hinsicht ebenso wichtig sind wie die Altersmedizin? Wenn Ja: Wie kann sichergestellt werden, dass beide Angebote im Kanton Aargau auch längerfristig gleichwertig vorhanden sind?
  18. In der Stiftungsurkunde und im Handelsregister wird zum Zweck des Spitals Muri folgendes festgehalten: «Das Spital Muri, gemeinsam mit den praktizierenden Ärzten, sichert als Akutspital für die Region Freiamt und auch für Patienten aus anderen Regionen die medizinische Grundversorgung.» Teilt der Regierungsrat die Meinung der Interpellantinnen und Interpellanten, dass eine Geburtenabteilung typischerweise zu dieser «medizinischen Grundversorgung» eines «Akutspitals» gehören müsste? Und wenn Ja: Was gedenkt der Regierungsrat gegen den Verstoss gegen die Stiftungsurkunde des Spital Muri zu unternehmen, nachdem nun die Schliessung der Geburtenabteilung beschlossen wurde?
  19. Wie begründet der Regierungsrat die Tatsache, dass der Leistungsauftrag Basispaket (BP) in der aktuellen Spitalliste Akutsomatik nicht auch die Geburtshilfe beinhaltet, welche heute als separater Leistungsauftrag vergeben wird (GEB1)? Oder anders gefragt: Sollte nicht jedes Akutspital mit einem Grundversorgungsauftrag in einer bestimmten Region nicht auch Geburten unter medizinisch gesicherten Bedingungen anbieten müssen?

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